2020 circa 3,7 Millionen Euro Haftkosten eingespart

Hessen
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Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) hat am Freitag die Jahresstatistik 2020 des Projekts ,Auftrag ohne Antrag‘ vorgestellt.

Dieses Projekt zielt darauf ab, die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen durch die Vermittlung von gemeinnütziger Arbeit, Ratenzahlungen oder sogar direkte Zahlungen abzuwenden. Dazu erklärte Eva Kühne-Hörmann: „Bei dem Projekt handelt es sich um eine Win-Win-Situation für den Staat und die Verurteilten. Viele Verurteilte begleichen gegen sie verhängte Geldstrafen nicht. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Mangelnde Erfahrung im Umgang mit der Justiz, Sprachbarrieren, finanzielle Schwierigkeiten oder Ähnliches. Oft bleibt den Vollstreckungsbehörden nichts Anderes übrig, als eine Ersatzfreiheitsstrafe anzuordnen. Diese wird in ganz normalen Gefängnissen vollstreckt.“

Eva Kühne-Hörmann weiter: „Diese Situation ist misslich. Mit jedem Gefängnisaufenthalt entstehen dem Staat hohe Kosten. Handelt es sich um eine Ersatzfreiheitsstrafe ist dies umso bedauerlicher. Gerade in diesen Fällen hat ein Gericht bereits entschieden, dass eine Geldstrafe angemessen und eine Gefängnisstrafe gerade nicht erforderlich ist. Für den Verurteilten ist diese Situation jedoch noch einschneidender. Jeder Gefängnisaufenthalt führt dazu, dass der Gefangene aus seinem gewohnten Leben gerissen wird. Dies kann gravierende Auswirkungen auf die Familie, die Wohnung aber auch den Arbeitsplatz oder die Arbeitssuche haben.“

Kommt es zu einer Situation, in der ein Verurteilter auf Anschreiben der Vollstreckungsbehörde nicht reagiert und die Geldstrafe nicht bezahlt, wird der örtliche Träger des Projekts ohne Antrag des Verurteilten beauftragt, zur Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe tätig zu werden. Ziel ist es, die Geldstrafe durch gemeinnützige Arbeit, Ratenzahlungen oder sogar direkte Zahlungen zu erledigen.

„Obwohl die Corona-Pandemie auch große Einschränkungen für ,Auftrag ohne Antrag‘ mit sich gebracht hat, verdeutlicht das letzte Jahr den großen Nutzen des Projekts. Im Jahr 2020 konnten rund 3,7 Millionen Euro Haftkosten eingespart werden. In Hessen wurden in diesem Jahr insgesamt 42.961 Personen nach allgemeinem Strafrecht verurteilt, was einer Abnahme von 3,36 % zum Vorjahr entspricht. Sehr häufig wurden auch Geldstrafen mit einem Anteil von 87,73 % oder 37.688 Verurteilungen verhängt.  Insgesamt wurden 89.481 Tage als Ersatzfreiheitsstrafe für nichtgezahlte Geldstrafen vollstreckt. Dies entspricht einer Abnahme von 29,5 %, was insbesondere auf einen zeitweiligen Vollstreckungsstopp von Ersatzfreiheitsstrafen wegen der Corona-Pandemie zurückzuführen war. Im Jahr 2020 konnten in den neun hessischen Landgerichtsbezirken aber auch 20.739 Tage Ersatzfreiheitsstrafe durch das Projekt ,Auftrag ohne Antrag‘ abgewendet werden. Das entspricht zwar einem Rückgang von 25,6 % im Vergleich zum Vorjahr, was aber vor allem den Umstand geschuldet war, dass zahlreiche Arbeitsstellen gemeinnütziger Arbeit wegen der Pandemie nicht im gewohnten Umfang tätig waren. Auch waren übliche Hausbesuche bei den Verurteilten in einigen Fällen nicht möglich“, so Eva Kühne-Hörmann bei der Erläuterung der Zahlen.

Zum Hintergrund: Das Projekt „Auftrag ohne Antrag“ hat sich im Jahr 2009 aus der zunächst informellen Hilfe des Vereins Haftentlassenenhilfe Frankfurt e. V. bei der Vermittlung von gemeinnütziger Arbeit zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen im Bezirk der Staatsanwaltschaft Wiesbaden entwickelt. Als nächste Station wurde das Projekt im Juli 2013 im Landgerichtsbezirk Kassel bei dem Träger Soziale Hilfe e. V. verortet. Zwischenzeitlich ist das Projekt „Auftrag ohne Antrag“ in allen hessischen Landgerichtsbezirken implementiert.



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