Wie junge Menschen ihre Heimat sehen

Ausstellungen
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

„Heimat - Bleiben – Gehen – Wiederkommen“, so ist eine Ausstellung der Kunst- und Kulturinitiative OBMENI überschrieben, die derzeit im Friedberger Kreishaus zu sehen ist. OBMENI, das sind die renommierten Künstlerinnen Ulrike Obenauer, Laura Ute Melzer und Ronka Nickel. Die drei haben in den vergangenen Monaten ihre künstlerische Auseinandersetzung zum Thema „Heimat“ fortgesetzt und bereits Ende 2020 dafür Jugendliche der Abschlussklassen an der Gesamtschule Konradsdorf befragt.

heimatinfriedberg_az.jpg

Damals, während des ersten Lockdowns, waren persönliche Begegnungen mit Jugendlichen nicht mehr möglich. Nun konnten sie mit dem Kunstkurs der Einführungs-Phase von Katja Kellenbenz des 11. Schuljahres der Gesamtschule Konradsdorf zusammenarbeiten. Im Kreishaus sind jetzt die Ergebnisse in Form von großen Bildern zum Thema Heimat mit regionalem Bezug nach Büdingen und Konradsdorf zu sehen. Aus der Arbeit mit dem Kunstkurs ist ein großformatiges Buch entstanden. Hier sind, neben dem von der Wetterauer Kulturpreisträgerin Ulrike Obenauer initiierten Malen mit links und geschlossenen Augen, gemeinsam mit der Regisseurin Ronka Nickel erarbeitete Interviews mit Lehrkräften zum Thema Heimat im Buch dargestellt. Zusammen mit Laura Ute Melzer wurden Bildcollagen hergestellt und mit eigenen „Titeln“ versehen.

Heimat spielt eine wichtige Rolle im Leben junger Menschen

„Heimat ist ein Begriff, der gerade in Corona-Zeiten wieder an Bedeutung zunimmt“, erinnerte Landrat Jan Weckler. Heimat sei mehr als nur die Verbindung zwischen Mensch und Raum. Heimat sei etwas Existenzielles für unser Sein. „Ich freue mich, dass wir die Ergebnisse dieses Projektes auch im Kreishaus ausstellen können. Mit dem Thema wird ein Nerv getroffen. Das passt auch gut vor dem Hintergrund, dass der Wetteraukreis im kommenden Jahr 50 Jahre alt wird und dabei Heimat natürlich eine wichtige Rolle spielt“, so Landrat Jan Weckler.

Und so sahen es auch die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen: Heimat spielt eine sehr wichtige Rolle in ihrem Leben, antworteten mehr als die Hälfte der befragten Schülerinnen und Schüler. Für OBMENI bedeutet das: bei allen Antworten sind es immer die nahestehenden Menschen, die Familie, die Freunde, die an erster Stelle genannt werden, wenn es um Heimat geht. Wer sich sozial anerkannt und akzeptiert fühlt, entwickelt auch eine Bindung an die Region. Überraschend: das häufig mehr Freundlichkeit gewünscht wurde. Wer sich nicht gut behandelt fühlt, möchte die Region nach Ende der Schule auch schnell verlassen.

Worüber sich Jugendliche Sorgen machen
Ende 2020 überwog das Positive. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen antworteten, dass sie keine Angst haben und dass sie glauben, dass ihr Leben nach der Pandemie genauso wie zuvor weitergeführt werden kann. Sorgen gab es dennoch; Angst beispielsweise zu scheitern, dass etwas schiefgeht. In der nun persönlichen Begegnung mit den Jugendlichen war deutlich zu spüren, dass sich diese Einstellungen hin zu größerer Skepsis und Sorgen gewandelt hat. Für alle waren Familie und Freunde wichtig und ein Wissen darüber, dass wir hier in der Region, trotz allem Glück mit unserer Umgebung haben.

Bleiben-Gehen-Wiederkommen?
Eine große Gruppe sagte: Sie werden die Gegend verlassen. Fast gleichgroß die Gruppe, die sicher bleibt, dazwischen viele Nuancen zwischen Gehen und Wiederkommen. Während einige Jugendliche ein Wiederkommen von vorneherein ausschlossen, höchstens zu Besuch, gab es Wünsche nach guten Arbeitsmöglichkeiten, die den dann erreichten Qualifikationen entsprechen könnten, die Frage nach erschwinglichem Wohnen, und den Wunsch, dass nicht immer mehr neue Architektur den Charakter der Kleinstädte und Dörfer verändert.

Was soll sich in der Region verbessern?
Zuerst wurde der öffentliche Nahverkehr als verbesserungsbedürftig genannt, gefolgt von Internet und Breitbandausbau. Viele wünschen sich auch bessere Läden, und mancher Zustand von Straßen, Wegen und Radwegen wurde bemängelt.

Was würde man mitnehmen, wenn man geht?
An allererster Stelle das Handy und Ladekabel. Vielleicht auch deshalb, weil man mit seiner Heimat und den Menschen dort in Verbindung bleiben möchte. Solange vertraute Menschen dort sind, wird das Band zur Heimat nicht durchschnitten, auch wenn sich die meisten Jugendlichen auf ihre Selbstständigkeit, Autonomie und Freiheit nach Abschluss der Schule freuen. Endlich das Leben selbst in die Hand nehmen. Vielleicht eine neue Heimat finden, bleiben, gehen oder wiederkommen.

Die von Demokratie Leben geförderte, außergewöhnliche Ausstellung der Kunst- und Kulturinitiative OBMENI ist noch bis 21. Januar 2022 im Foyer (Gebäude B) des Friedberger Kreishauses zu sehen. Öffnungszeiten: montags bis mittwochs, von 7:30 bis 16 Uhr, donnerstags bis 18 Uhr und freitags bis 12:30 Uhr. Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung werden gebeten, sich am Empfang anzumelden.

Foto (von links): Laura Ute Melzer Landrat Jan Weckler, Ulrike Obenauer und Ronka Nickel.



PS: Sind Sie bei Facebook? Werden Sie Fan von WETTERAU.NEWS!