Stimme der Kreisverwaltung geht in den „Feierabend“

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Anita Prohaska, seit fast 46 Jahren eine Instanz in der Telefonzentrale der Kreisverwaltung, geht in den Ruhestand. „Wetteraukreis, Friedberg, Prohaska, guten Tag!“. Diesen Satz sagt Anita Prohaska im Durchschnitt 300 Mal am Tag. In ihrer 40-jährigen Dienstzeit kommen so mehr als zweieinhalb Millionen Telefonate zusammen. Wer die Telefonnummer: 83-0 in Friedberg anwählt und Anita Prohaska am Telefon hat, der kann damit rechnen, bestens bedient zu werden.

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Wer Sozialhilfeanträge in Bad Vilbel, Wohngeldangelegenheiten für Nidda, Bauanfragen in Karben oder Altenhilfe in Bad Nauheim bearbeitet: Anita Prohaska weiß es.

1.400 Mitarbeiter arbeiten mittlerweile in der Kreisverwaltung, doppelt so viele wie am 1. Oktober 1974, als die 16-jährige Anita Bopp nach Abschluss der Höheren Handelsschule beim Wetteraukreis anfing. Die Arbeitsmarktsituation war damals ziemlich eng und sie war froh, eine Lehrstelle gefunden zu haben zur Unterstützung des blinden Leiters der Telefonzentrale.

Dem Arbeitgeber und auch der Dienststelle ist sie stets treu geblieben mit Einsätzen an der Pforte und im Dienstleistungszentrum. Der Kontakt mit Kundinnen und Kunden ist ihr wichtig, vor allem aber der respektvolle Umgang. Dabei ist es egal, ob ein Bürgermeister zur Dienstversammlung oder ein Obdachloser kommt, um seine Unterstützung abzuholen. „Ich wollte helfen und die Menschen bei ihren Anliegen unterstützen.“ Dazu passt auch, dass sie sich dann meldet, wenn ihre Kompetenzen besonders gefragt werden. So gab es kaum einen Wahlabend in den letzten 40 Jahren, den sie ausgelassen hat und auch beim Gefahreninformationstelefon hat sie von Anfang an mitgemacht.

Rund 1.000 Anrufe gehen täglich in der Kreisverwaltung ein, die Anita Prohaska sich mit ihren Kollegen Britta Bretthauer, Regina Brückel und Tobias Schul teilt. In der Anfangsphase der Corona-Pandemie waren es wohl eher 2.000 Anrufe. Es verging kaum eine Sekunde, in der das Telefon nicht geklingelt hätte. „Wir standen im engen Kontakt mit dem Gesundheitsamt und wurden gut vorbereitet, um die ersten Fragen schon zu beantworten“, berichtet Anita Prohaska. Corona war indes nicht das einzige herausragende Ereignis. Vogelgrippe und Schweinegrippe, Stromausfall in Bad Nauheim, das waren Ereignisse, die die Anrufe emporschnellen ließen.

Die guten Erlebnisse überwiegen

„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit einer positiven Grundhaltung auch ein positives Feedback bekommt. Die meisten Kundinnen und Kunden sind dankbar, wenn sie unterstützt werden und die passende Auskunft erhalten. Über missmutige Zeitgenossen muss man hinweglächeln.“ Nur ein Erlebnis ist Anita Prohaska fest ins Gedächtnis gebrannt: „Ein junger ‚Kunde‘, offenbar mit psychischen Störungen, randalierte im Foyer und ließ sich überhaupt nicht beruhigen. Schließlich nahm er einen Besucherstuhl und warf damit nach mir. Glücklicherweise hat er mich nicht getroffen, aber das hat mich ziemlich lange beschäftigt. Später wurde dann eine Glasscheibe am Foyer eingerichtet, jetzt in Zeiten von Corona ein zusätzlicher Schutz.“

Wer in der Kreisverwaltung anruft und nach Herrn oder Frau Müller fragt, immerhin gibt es 21 Kolleginnen und Kollegen mit diesem Namen, oder Schmidt (17), Schulze (11) oder Becker, wird schnell von Anita Prohaska zur richtigen Stelle geleitet. Mit Braun (sechs), Schwarz (vier) oder Roth (drei) ist es dann schon leichter.

Der Name Prohaska stammt übrigens aus dem Tschechischen und heißt dort: „Ein Spaziergang“. Im Deutschen würde man ihm aber eher die Bedeutung „Feierabend“ geben, und genau das kann Anita Prohaska mit Ablauf des Monats August machen. Dann hat sie viel Zeit für Haus, Hof und Garten. Auch wenn sie jetzt keine großen Pläne hat, denn die wurden von Corona erst einmal vereitelt. Nach ihren Sehnsuchtszielen befragt, nennt sie spontan Neuseeland, wo sie schon einmal war, und Japan, das sie zur Kirschblüte bereisen möchte.

Foto: Anita Prohaska in der Telefonzentrale der Kreisverwaltung am Friedberger Europaplatz, wo sie im Durchschnitt 300 Mal am Tag fachkundig vermittelt.



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