In der Corona-Pandemie war das Liefer- und Abholgeschäft für viele Restaurants, Bistros und Cafés ein wichtiges Standbein. „Viele Bad Nauheimer:innen haben ihre Solidarität mit der Gastronomie dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie dieses Angebot rege genutzt haben. Die Kehrseite dessen ist, dass dadurch der Einwegverpackungsmüll immens angewachsen ist“, sagt Bürgermeister Klaus Kreß.
Ganz Deutschland produziert 281.000 Tonnen Müll aus To-Go-Verpackungen im Jahr. Um dem entgegen zu wirken, wird es ab 2023 für Betriebe Pflicht, eine Alternative zum Einwegsystem anzubieten. Kreß kündigt an: „Wir als Stadt möchten gemeinsam mit der Bad Nauheimer Gastronomie bereits jetzt den durch Take-Away anfallenden Verpackungsmüll reduzieren. Hierzu werden wir proaktiv ein Mehrwegverpackungssystem in unserer Gesundheitsstadt einführen – auch um dem wachsenden Wunsch der Gesellschaft nach umweltbewussterem Verhalten entsprechen zu können.“
Die städtische Referentin für Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Yuge Lei-Chillery, hat im Sinne der Nachhaltigkeit umfassend recherchiert und eine kostengünstige und praktikable Mehrweglösung ausgearbeitet. Diese wurde gemeinsam mit Bürgermeister Klaus Kreß und Matthias Wieliki, Fachbereichsleiter Zentrale Steuerung und Öffentlichkeitsarbeit, kürzlich der ersten Vorsitzenden von Erlebnis Bad Nauheim e.V. Natascha Schmidt und dem zweiten Vorsitzenden Norbert Brodda vorgestellt. „Bei der Einführung eines Mehrwegsystems möchten wir frühzeitig und kompetent unterstützen. Gleichzeitig sehen wir in einem stadtweit einheitlichen Vorgehen große Vorteile für alle Beteiligten“, betont Wieliki.
Die Stadt strebt nach Wirtschaftlichkeits- und Marktanalyse sowie nach Interviews mit einigen Gastronom:innen ein System an, das als Betriebssystem für Mehrwegverpackungen funktioniert. Damit hebt es sich von klassischen Pfandsystemen ab und kommt beispielsweise ohne die Zahlung eines Pfandbetrags bei Lieferung aus. Einzige Bedingung: Es braucht eine App oder - für nicht digital affine Menschen - eine aufgeladene Karte. Für die Bad Nauheimer Gastronomie wird am 7. Juni eine digitale Informationsveranstaltung stattfinden, in der es darum gehen wird, die Anforderungen der Betriebe grundlegend zu berücksichtigen.
Wie es funktionieren kann
Bei einer Bestellung wird das Essen kostenfrei in den 100% recyclebaren und wiederverwendbaren Gefäßen ausgeliefert oder kann abgeholt werden. Ein großer Vorteil des von der Stadt avisierten Systems: Die Behältnisse gibt es in verschiedenen Größen und für verschiedene Gerichte, von der Menüschale über Kaffeebecher mit Trinkdeckel, Cocktail-Becher sowie Sushi- und sogar Pizzaverpackungen. Die Behältnisse, die „Bowls“, sind bereits nach zehn Benutzungen nachhaltiger als Einweg.
„Für die Teilnahme ist eine einmalige Registrierung der Kund:innen in der kostenlosen App des Anbieters notwendig. Alternativ gibt es eine Karte, die erworben werden kann. Nach der Ausgabe des Essens wird ein QR-Code in der App oder alternativ auf der Karte sowie zusätzlich auf der Bowl gescannt. So ist nachvollziehbar, wo sich das Gefäß gerade befindet. Für die Gefäße wird kein Pfand erhoben, Kund:innen müssen nichts zusätzlich bezahlen“, erklärt Lei-Chillery. Zurückgegeben werden können diese unkompliziert bei allen teilnehmenden Restaurants oder Betrieben. Die Bowls werden danach hygienisch gereinigt und gehen wieder in den Mehrwegkreislauf.
Der Stadt ist es wichtig, dass gleich zu Beginn so viele Betriebe wie möglich in ein einheitliches System miteinsteigen, um einen sichtbaren Effekt zu erzielen. Dies ist nicht nur nachhaltig, sondern bietet auch in Sachen Kundenfreundlichkeit den größten Nutzen. „Um einen Mitmachanreiz zu schaffen, übernimmt die Stadt Teile der Nutzungsgebühren. Wir wollen damit die Umstellung von Einweg auf Mehrweg in unserer Stadt so einfach wie möglich gestalten. Dabei streben wir ein System an, bei dem auch etwaige Hürden wie monatliche Gebühren oder Mindestvertragslaufzeiten entfallen“, unterstreicht Wieliki. Nach der Anmeldung erhält der Anbieter so viele Behältnisse, wie er benötigt gratis. Auch der Austausch defekter Behältnisse ist inbegriffen.
„Wir hoffen, dass wir viele Gastronomen für die wiederverwendbaren Gefäße und den Einsatz für die Nachhaltigkeit begeistern können. Gleichzeitig können unsere Wirte mit dem Umweltaspekt werben und so viele Kund:innen für sich gewinnen“, fasst Rathauschef Kreß zusammen und weist daraufhin, dass man mit der Nachbarstadt Friedberg in einem sehr regen und engen Austausch stehe, um ein einheitliches System einzuführen.
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