Büdingen: Mathilden-Hospital streicht bis zu 150 Stellen

Büdingen
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Die Bergman Clinics Deutschland Gruppe stellt das Mathilden-Hospital in Büdingen für die Zukunft neu auf. "Ziel ist es, das seit Jahren defizitäre Krankenhaus unter Berücksichtigung der anstehenden regulatorischen Änderungen im deutschen Gesundheitswesen wirtschaftlich stabil und medizinisch nachhaltig auszurichten und damit eine positive Weiterentwicklung zu ermöglichen", heißt es in einer Pressemitteilung.

In Umsetzung der politisch gewollten Zentrenbildung ist für das Mathilden-Hospital beabsichtigt, die Psychiatrie auszubauen und das ambulante Operationszentrum sowie das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) zu erweitern. "Die Versorgung im Bereich der Somatik, der die stationäre Versorgung für die Gebiete Chirurgie, Innere Medizin, HNO, Intensivstation und Notaufnahme umfasst, wird durch andere Krankenhausstandorte in der Umgebung gewährleistet. Dies trägt der vom Gesetzgeber geförderten Entwicklung weg von der stationären hin zu einer vermehrten ambulanten Behandlung zudem Rechnung. Von der geplanten Schließung werden im stationären Bereich der Somatik voraussichtlich 100 bis 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen sein. Bergman Clinics hat bereits das Gespräch mit dem Betriebsrat aufgenommen, um kurzfristig eine tragfähige Lösung im Sinne der Beschäftigten und des Mathilden-Hospitals zu finden", so das Unternehmen.

Durch den vorwiegend im ambulanten und tagesklinischen Bereich geplanten Ausbau der Psychiatrie soll der Standort Büdingen eine wichtige Rolle in der psychiatrischen Versorgung der Region einnehmen: "Mit dem Ausbau des ambulanten Operationszentrums und MVZ wird der Standort nachhaltig für die Zukunft aufgestellt. Zudem soll es künftig eine enge Zusammenarbeit mit den Kliniken des Gesundheitszentrums Wetterau und den Main-Kinzig-Kliniken in Form eines regionalen Versorgungsnetzwerks geben. Ziel der Zusammenarbeit ist es, eine abgestimmte und sektorenübergreifende, regionale Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Die Zusammenarbeit soll zum Beispiel bei ambulanten Eingriffen, der ärztlichen Fort- und Weiterbildung sowie den Gesundheitsfachberufen erfolgen. Die Neuausrichtung erfolgt unter Vorbehalt verschiedener Genehmigungen. Die Umsetzung ist für den Frühsommer geplant. Bis dahin wird der Klinikbetrieb aller Abteilungen inklusive der Notaufnahme und Intensivstation vollumfänglich fortgeführt und das Mathilden-Hospital steht bis dahin uneingeschränkt den Patientinnen und Patienten zur Verfügung. Die Bergman Clinics reagiert mit dieser strategischen Neuausrichtung frühzeitig auf die bevorstehenden Änderungen im Rahmen der bundespolitischen Krankenhausreform."

Aus Sicht von Landrat Jan Weckler ist der Bund in der Verantwortung: „Seiner Finanzierungspflicht im Krankenhausbereich kommt der Bund leider nur unzureichend nach. Er muss endlich bei den Betriebskosten nachsteuern und für eine auskömmliche Finanzierung sorgen, um ein flächendeckendes Kliniksterben zu verhindern.“ Die konkrete Krankenhausbedarfsplanung obliege wiederum den Bundesländern. Diese müssen zur Gewährleistung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern entsprechende Krankenhaus- und Investitionspläne aufstellen. Die Landkreise und Kommunen haben in diesem Prozess keine Entscheidungsbefugnis. „Derzeit müssen wir davon ausgehen, dass das Land Hessen dem Antrag der Bergmann Clinics-Gruppe auf Schließung des Somatikbereichs zustimmen wird, sofern diese Bereiche im Mathilden-Hospital im Rahmen der Landesbedarfsplanung für entbehrlich gehalten werden“, stellt Landrat Weckler fest.

Von Seiten der Klinikbetreiber vermisst der Landrat eine frühzeitigen Austausch mit dem Landkreis: „Es hat keinerlei direkte Abstimmung oder Einbindung stattgefunden.“ Die Teilschließung des 1867 gegründeten Mathilden-Hospitals sei ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Bergman Clinics-Gruppe unrentabler Abteilungen im wichtigen Bereich der Notfallversorgung entledige und in ihren Klinikstandorten stattdessen auf Fachgebiete setze, die den meisten Gewinn einbringen – etwa im Bereich der ästhetischen Medizin oder der Augenheilkunde, so Landrat Weckler. „Das ist eine äußerst bedenkliche Entwicklung, die die Landkreise bei der Aufrechterhaltung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung im ländlichen Raum vor große Herausforderungen stellt. Die Leidtragenden sind schlussendlich die Bürgerinnen und Bürger, die für entsprechende Behandlungen und die Notfallversorgung künftig auf weiter entfernte Kliniken in der Region ausweichen müssen. Auch für die umliegenden Kliniken und unseren Rettungsdienst, der die vorgeschriebenen Hilfsfristen einhalten muss, wird sich die Belastung spürbar erhöhen. Diese Auswirkungen werden wir intensiv beobachten und evaluieren.“

Auch Büdingens Bürgermeister Benjamin Harris (CDU) äußerte sich zur geplanten Umstrukturierung des Mathilden-Hospitals: "Mit großer Sorge habe ich die Ankündigung der Bergman Clinics zur Kenntnis genommen, das Mathilden-Hospital in Büdingen tiefgreifend umzustrukturieren. Die geplante Schließung der Notaufnahme und weiterer wichtiger somatischer Abteilungen stellt eine erhebliche Einschränkung der medizinischen Grundversorgung in unserer Stadt dar. Als Bürgermeister von Büdingen liegt mir die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger am Herzen. Die Umstellung des Krankenhausbetriebs, die vor allem die ambulante und psychiatrische Versorgung stärkt, während lebensnotwendige Bereiche wie die Chirurgie, Innere Medizin und vor allem die Notfallversorgung an andere Standorte verlagert werden, ist für unsere Stadt nicht akzeptabel. Die nächstgelegenen Krankenhäuser mit einer Notfallaufnahme befinden sich in Gelnhausen und Hanau – eine Entfernung, die im Notfall wertvolle Zeit kosten kann. Diese Entscheidung gefährdet nicht nur die schnelle und effiziente medizinische Versorgung unserer Einwohner, sondern wirkt sich auch negativ auf die Attraktivität und die Lebensqualität in Büdingen aus. Ich fordere die Bergman Clinics dringend auf, diesen Plan zu überdenken. Es ist essenziell, dass das Mathilden-Hospital auch weiterhin eine umfassende und vor allem stationäre medizinische Versorgung anbietet. Ich appelliere an die Verantwortlichen, eine Lösung zu finden, die den medizinischen Bedürfnissen unserer Gemeinschaft gerecht wird und nicht nur wirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund stellt. Wir stehen bereit, in einen konstruktiven Dialog zu treten und gemeinsam mit allen Beteiligten eine Lösung zu erarbeiten, die die medizinische Versorgung in Büdingen langfristig sichert. Unsere Stadt verdient eine medizinische Infrastruktur, die den Bedürfnissen aller Bürger gerecht wird."



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