Münzenberg: Lernen durch Erinnerung

Foto: Stadt Münzenberg

Münzenberg
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„Ich will Ihnen von meiner Familie erzählen“ – mit diesen einfachen Worten begann die diesjährige Gedenkveranstaltung der Stadt und des Freundeskreises Burg und Stadt Münzenberg anlässlich der Reichspogromnacht im Kulturhaus Alte Synagoge. Ricardo L. Laubinger, der Vorsitzende der Sinti-Union Hessen e. V., berichtete basierend auf seinem Buch „Und eisig weht der kalte Wind“ über die Geschichte seiner Familie im damaligen und heutigen Deutschland.

Wie tausende andere Sinti und Roma wurde sie verfolgt, in Konzentrationslager deportiert und zum größten Teil ermordet. Nur wenige überlebten. Aber auch nach 1945 nahm das Leid kein Ende …

Gemeinsam im Familien-Fotoalbum zu blättern löst Erinnerungen aus und gewährt jungen Generationen einen Einblick in vergangene Tage. Das ist bei Ricardo L. Laubinger nicht anders. Und doch ist bei ihm und seiner Familie nichts so wie bei allen Anwesenden in der mehr als voll besetzten Alten Synagoge. Jedem Familienbild folgt der Zusatz: „Alle Menschen auf diesem Bild sind tot. Ermordet.“ Einzig seine Mutter überlebte. Sie verlor ihre Eltern, ihre sieben jüngeren Geschwister, ihre Großeltern, Tanten, Onkel und deren Kinder. All diese Menschen wurden mit der Absicht, die Sinti auszurotten planmäßig und auf grausamste Art und Weise ermordet Und als wäre ihr unvorstellbares Leid in der KZ-Hölle nicht hart genug gewesen, verweigerten deutsche Behörden nach 1945 seiner Mutter Bertha Laubinger den nicht nur einmal gestellten Antrag mit der Bitte um Aushändigung eines – durchaus vorhandenen – Fotos ihrer Mutter. Immer wieder kämpft der 64jährige mit seinen Gefühlen. Die Gäste an diesem Abend ebenfalls.

Trotz all seiner schmerzlichen Erfahrungen kam Ricardo L. Laubinger nicht als Ankläger. Er kam als Zeuge und Aufklärer. Er ist in ganz Deutschland als Reisender in Sachen Humanität unterwegs. Ricardo L. Laubinger will bei seinen zahlreichen Schulbesuchen insbesondere Jugendliche immun machen gegen den Hass. Sie sollen für Demokratie und Menschenrechte einstehen. „Lernen durch Erinnerung“ heißt sein Credo. Ganz bewusst zitierte Laubinger daher an diesem Abend in der Alten Synagoge den Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer: "Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht."

Ricardo L. Laubinger blickt zurück in Trauer und Schmerz. Und schaut doch hoffnungsvoll in die Zukunft. In eine Zukunft, in der die Menschenwürde eines jeden einzelnen Menschen wirklich und wahrhaftig unantastbar sein wird. Daher mochte er die Anwesenden auch nicht traurig nach Hause schicken. In seiner Begleitung war das „Swingtet“ nach Münzenberg gekommen. „Die Musik soll sie auf andere Gedanken bringen“, schloss der Vorsitzende der Sinti-Union Hessen e. V. seine Ausführungen. Und das taten die vier Musiker Yasine Weiß (Sologitarre), Matthias Hampel (Rhythmusgitarre), Bobye Reinhardt (Kontrabass) und Ricardo L. Laubinger (Violine) mit Swing und Jazz im Stile von Django Reinhardt. Die Veranstaltung wurde vom Wetteraukreis aus dem Programm „Demokratie leben!“ des Bundesfamilienministeriums gefördert und vom Land Hessen kofinanziert.

Die Münzenberger Bürgermeisterin Dr. Isabell Tammer (links) und Uwe Müller, der Vorsitzende des Freundeskreises Burg und Stadt Münzenberg (rechts) riefen gemeinsam auf gegen Gewalt und Terror in der Welt und für ein Leben in Würde. Sie dankten Ricardo L. Laubinger (3. v.li) für seine eindrücklichen Worte und dem Swingtet für den versöhnlichen musikalischen Ausklang (von links nach rechts): Bobye Reinhardt, Ricardo L. Laubinger, Yasine Weiß sowie Matthias Hampel.



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